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Integratives Atmen - Ein Weg zur inneren Freiheit

Atem ist Leben - und der Atem der meisten Menschen ist flach, unverbunden und verkrampft. Er ist keine Bewegung mehr, um das volle Leben in uns hineinzuholen und uns zu öffnen, sondern der ständige Versuch, unangenehme Gefühle, die wir erlebt und in unserem Körper gepeichert haben, zurückzuhalten. Integratives Atmen ist ein Weg, diese alten Erfahrungen und damit auch das pralle Leben wieder zu uns zurückzuholen.

FrauOben

In jedem von uns ist ein wundervolles, unbegrenzt lebendiges und kraftvolles Wesen, und jeder hat alle spirituellen Gaben in sich. Sie werden in all den Situationen zugedeckt, in denen wir uns nicht genau so geliebt fühlen, wie wir sind. Es beginnt sehr früh, dass wir lernen, nicht gut genug, nicht liebenswert zu sein, wir fühlen uns hilflos und getrennt. So wird das Licht und die Lebensfreude, die wir in kleinen Kindern, in Babys meist sehen, immer schwächer.

Der Weg des Atems ist die Rückkehr zu diesen Qualitäten der strahlenden Lebendigkeit und Unschuld des Kindes. Der ungehinderte Atem ist die direkte Verbindung zur Lebenskraft und zu unserem Ursprung. Er ist in jedem Moment zugänglich, um aus dem pulsierenden Ganzen zu geben und zu empfangen. Jeder Atemzug verbindet die Energien des Himmels und der Erde und lässt uns im Hier und Jetzt sein. Bewusster Atem ist sanft und entspannt, wir lernen Hingabe vom Atem selbst, um loszulassen in die Arme der Existenz. Er lässt uns in der Stille ruhen, vom Leben getragen. Der Atem hat seine eigene Weisheit, die uns den Weg zu tieferen Schichten unseres Seins finden hilft. Der Atem verbindet uns mit unserer tiefsten Sehnsucht nach Leben.

Der Atem lehrt uns Sicherheit, sich dem Leben anzuvertrauen und vom Leben berührt zu werden. Er lässt uns genesen und füllt uns auf, einfach, indem wir offen sind. Das Leben verströmt sich im Atem und lädt die Seele ein, nach Hause, in den Körper zurückzukehren. Der Atem verbindet uns mit der Kraft unseres Herzens, um uns zu versöhnen. Er lässt uns erkennen, dass alles in unserem Leben zu unserem Besten geschieht. Er ermutigt uns, unserem Herzen zu folgen und führt uns in Bereiche jenseits des Verstandes. Der Atem lehrt uns, über den Körper, der weicher und strahlender wird, das Potenzial unserer Gefühle zu nutzen. Er lässt uns auf die Reise des Erinnerns gehen, dem Unschuld und Freude innewohnen, die Freude, lebendig zu sein und Teil der Erde.

Wesensanteile integrieren

Integratives Atmen, auch bewusstes Energieatmen genannt, basiert auf der Erkenntnis, dass wir unsere Wirklichkeit beeinflussen und miterschaffen - mit unseren Gedanken und Einstellungen, von denen unsere Persönlichkeit und unser Körper geprägt werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass 80 Prozent dessen, was wir glauben und denken, unbewusst ist und nicht im Einklang mit unserer bewussten Absicht. Das Integrative Atmen ist ein brillantes Werkzeug, unbewusst festgehaltene Gedanken aufzuspüren, so dass wir ein tieferes Verständnis unserer unbewussten Gedanken und Muster entwickeln oder sie mit dem Atem aus den Körperzellen und dem Energiesystem freisetzen können. Integratives Atmen öffnet für die bewusste Wahrnehmung unseres wahren Selbst.

Integratives Atmen erlaubt nicht geheilten Emotionen und traumatischen Erinnerungen aufzutauchen und sie auf sanfte und sichere Weise anzunehmen und gehen zu lassen. Wenn wir Blockierungen lösen, kann das Herz sich wieder öffnen und eigene ungeliebte Wesensanteile in einer neuen Perspektive sehen und integrieren. Im Integrativen Atmen unterstützen wir die Praxis, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen, jenseits von Vorwurf und Urteil. Wir heilen das alte Paradigma von Opfern, Tätern und Rettern. Und indem wir uns immer besser verstehen, wachsen wir in unserer persönlichen Kraft als Mitschöpfer unserer eigenen Erfahrung. Wir begegnen dem, was in unserem Leben passiert, mit Mitgefühl.

Atemsitzungen werden in einer achtsamen und ruhigen Umgebung durchgeführt, sodass der Teilnehmende seine eigene Art und sein eigenes Tempo entwickeln kann. Der Atmende wird vom Begleiter geführt und unterstützt. Es wird ihm aber die eigene Autorität gelassen, sich tiefer zu fühlen, zu verstehen und Energie zu bewegen. Gefühle, Gedanken, Erinnerungen, im Körper gespeichert, geben sich zu erkennen, während sie auftauchen und das Energiesystem verlassen. Die Erfahrungen sind von Sitzung zu Sitzung und von Person zu Person unterschiedlich. Es ist nicht ungewöhnlich, sich am Ende einer Atem- sitzung in einem höheren Bewusstseinszustand von Klarheit, Einssein, Vergebung und Dankbarkeit zu erfahren.

Neugeboren - der Weg des Atems

Der Körper speichert alle Erfahrungen der Geburt, die schmerzlichen wie die der Ekstase. Um mit den schmerzlichen Erlebnissen überleben zu können, werden sie unterdrückt und im Unterbewusstsein abgespeichert. Von dort aus wirken sie und bestimmen, wie wir uns selber, die Welt und andere Menschen sehen und Beziehungen erfahren. Atemarbeit kann diese Energien wieder befreien und eine "Neugeburt" in Gesundheit, Kraft und Lebensfreude einleiten.

Von Ines Howe

Der Beginn der Geburt wird vom Ungeborenen durch Freisetzen des wehenauslösenden Hormons bestimmt. Nach neun Monaten, einer Zeit des Wachsens, des Versorgtseins, der Schwerelosigkeit und Geborgenheit und des - meist - ozeanischen Gefühls des Einsseins wird es für den Embryo so eng, dass er den Weg nach draußen finden muss, um zu überleben. Er begibt sich auf eine Reise ins vollkommen Unbekannte. Die Geburt kann weniger als eine Stunde dauern, aber auch über 30 Stunden - für das Baby ein extreme Erfahrung. Der Geburtsprozess ist ein Zusammenspiel der Wehen der Gebärmutter und der Kraft der Bewegungen des Babies. Er kann leicht und kurz sein, zu schnell, zu schwierig oder zu lang und voller Hindernisse. Der Eintritt in die neue Welt kann durch Erfahrungen von zu grellem Licht, zu lauten Geräuschen, dem technischen Agieren des Geburtsteams und dem Temperatursturz von 15 Grad geprägt sein - kein Wunder, dass das kindliche Nervensystem da oft überfordert ist und in einen Schockzustand gerät. Der Beginn des Lebens auf der Erde ist der Moment des ersten Atemzugs. Die sofortige Durchtrennung der Nabelschnur unterbricht die Versorgung für das Neugeborene und es muss atmen, aus der panischen Angst heraus zu ersticken und zu sterben. So jedenfalls sah der Beginn des Lebens auf dieser Erde für viele von uns aus. Es ist das grosse Verdienst von Frederique Leboyer, einem französischen Gynäkologen, der einfühlsam die Torturen des Babies nachvollzog und uns aufmerksam machte, wie früh wir der Autonomie und Selbstbestimmung beraubt wurden. Sein Buch "Geburt ohne Gewalt" erschien Anfang der 70er Jahre und hat zu einer neuen Offenheit und zu bewussteren Geburtspraktiken geführt.

Der Einfluss der Geburt

Nach vielen Jahren des Erforschens der Menschen, die die Rebirthing-Atemarbeit erfahren haben, sprechen die Ergebnisse dafür, dass die Art, wie wir geboren werden, uns prägt. Bei Personen, deren Geburtsformen sich ähneln, lassen sich auch ähnliche Lebenseinstellungen feststellen. Denn die Muster, die unser Bewusstsein während der Geburt prägen, sind unsere Überlebensstrategien. Jedes Mal, wenn wir durch eine schwierige Phase der Veränderungen gehen oder in Stress-Situationen geraten, wird die Blaupause unserer Geburt aktiviert. Aber nicht nur was faktisch während der Schwangerschaft und der Geburt geschieht, prägt unsere Persönlichkeit, sondern auch unsere "Antwort" darauf, wie wir die Geburt erlebt haben und welche Entscheidungen getroffen werden. Der Weg durch den Geburtskanal ist für den Embryo nur unter Einsatz seines ganzen Körpers, seiner ganzen Kraft und der wirksamen Unterstützung der mütterlichen Wehen zu bewältigen. Auf diesem Weg können Lebensmuster entstehen wie "das Leben ist schwer", "ich muss kämpfen, um zu überleben", "ich fühle mich hilflos", "ich werde zurückgehalten", "es gibt keinen Ausweg", "es nicht zu schaffen" oder "ich bin zuviel". Menschen, die eine "normale" Geburt (ohne Komplikation) erlebten, haben es in vielen Dingen leichter im Leben und sind anderen voraus, empfinden es jedoch als "normal", als nichts Besonderes. Sie berichten oft von einem Lebensgefühl, nicht wichtig zu sein - nicht wichtig verglichen mit anderen gleichzeitig und am selben Ort Geborenen, deren Geburtsumstände mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben.

Geburtsmuster sind Lebensmuster

Wenn die Geburt künstlich eingeleitet wurde, kann ein Lebensmuster entstehen, nicht selbst über die Art und die Zeit des Geschehens bestimmen zu können. Um diesen Schmerz nicht noch einmal zu erleben, wird der Betroffene alles daran setzen, es allein zu schaffen, trotz des tieferen Wissens, dass Hilfe notwendig war, um zu überleben, um erfolgreich zu sein. Zwillinge teilen die Monate der Schwangerschaft miteinander. Für sie ist die Geburt nicht nur die Trennung von der schützend umfassenden Gebärmutter und der Verbindung mit der Mutter, sondern vor allem die Trennung vom Zwilling. Sie löst einen tiefen bleibenden Schmerz der Verlassenheit und des Alleinseins aus und eine oft unstillbare Sehnsucht nach der einst erlebten ununterbrochenen Nähe und Intimität. Spielen Drogen (Anästhesie) bei der Geburt eine Rolle, ist ein Grundstein zur Drogensucht im Erwachsenenalter gelegt. Untersuchungen haben gezeigt, dass es eine Korrelation gab zwischen Geburtsanästhesien und der ersten Drogenwelle unter den Teenagern in den 70er Jahren, als etwa 16 Jahre davor die Durchtrittsnarkose eine allgemein gängige Geburtspraxis in den Krankenhäusern war. Dabei erhielten die Mütter, die in der Klinik entbanden, fast ohne Ausnahme eine Narkose, um ihnen die Schmerzen beim Durchtritt des Kopfes zu ersparen. Diese Beispiele zeigen, wie die Art unserer Geburt unsere Persönlichkeit und unser Leben prägen kann. Weitere Komplikationen unter der Geburt wie ein Kaiserschnitt, Nabelschnur-Umschlingung, Zangengeburt , Steißlage, zu lange oder zu schnelle Geburt, sowie die familiäre und gesellschaftliche Situation zur Zeit der Geburt hinterlassen entsprechende Geburtsblaupausen. Diese wirken sich auf Themen aus wie Bindungs- und Trennungsmuster in Beziehungen, Gewalt und Missbrauch, Misstrauen und Betrug, wie wir auf Druck reagieren, auf Stress, wie wir mit Schwierigkeiten umgehen, auf unsere Angst, keinen Ausweg zu finden, auf Themen des Selbstwerts und Narzissmus, Ess- und Schlafstörungen, unsere Beziehung zu uns selbst und unserem Körper, die Angst, vereinnahmt zu werden, unsere Beziehung zu unserer Sexualität und unsere Fähigkeit, bedingungslos zu lieben und nachhaltig Freude zu fühlen.

Der Prozess des Heilens - Rebirth, die Wiedergeburt

Es ist nie zu spät, die emotionalen und spirituellen Wunden der ersten prägenden Erfahrungen zu heilen, egal wie lange die Geburt zurück liegt. Im Körpergedächtnis der Zellen sind alle Erinnerungen gespeichert. Wenn wir die Tür zu unseren dort festgehaltenen Gefühlen aus der Vergangenheit zu öffnen beginnen, fangen wir an, uns zu erinnern und emotional und spirituell zu heilen. In der Atemarbeit nutzen wir den Atem, um in den Raum einzutreten, der eine Aktvierung von unterdrückter und im Körper als Spannung festgehaltener Energie ermöglicht, während die bewusste Wahrnehmung sich vergrößert. Unterdrückung ist das Ergebnis von Verurteilung. Wenn wir denken, dass etwas zu intensiv, zu schmerzlich, zu schlimm ist, trennen wir uns von dem Gefühl und spalten damit einen Teil unserer vitalen Energie ab - wir verdrängen und unterdrücken sie. Diese gebundene Energie steht uns in unserem Leben nicht zur Verfügung. Integration ist ein Aufgeben des Kampfes gegen das, was ist. Die Voraussetzung zur Integration ist, dass wir alle unsere Energien, seien es Gefühle, Gedanken oder Körpersensationen, urteilsfrei wahrnehmen als Formen und Muster - wie die Strudel und Strömungen in einem fließenden Fluss. Auch das, was sich in der inneren Wahrnehmung unangenehm anfühlt, ist nicht negativ oder schlecht, sondern auch nur ein Energiemuster, das auftaucht, damit es wahrgenommen und in den Energiekreislauf zurückgeführt werden kann. Wenn das Energieniveau hoch ist - was beim vertieften Atmen geschieht -, können wir alles annehmen. Es geht nicht darum, etwas zu verändern, es ist ein Zulassen, ein Annehmen. In dem Moment, in dem das unterdrückte Gefühl oder der unterdrückte Gedanke gesehen und anerkannt werden, wird Festgehaltenes frei. Es kommt zu einer Neuordnung der neuronalen Verknüpfungen und Schaltstellen im Gehirn, zu einer neuen bewussteren Perspektive. Ein innerer Raum wird frei, in den das eintreten kann, was der Wahrheit näher ist, was uns authentisch macht und unser Vertrauen in das tiefere Wissen, unsere Visionen stärkt. Wir beginnen unser wahres Wesen zu erinnern.

Der Prozess des Wachsens

Wenn wir in die Tiefe unserer Geburtserfahrungen eintauchen, können wir grosse Bereiche des menschlichen Potenzials erschließen, die Vergangenheit erlösen und vergeben. Der Urgrund unserer Seele enthält den Schlüssel zu unserem authentischen Selbst, unserem weiteren spirituellen Wachstum und unserer emotionalen Reife. Die Muster liegen im Unbewussten, an unbekannten Orten der Seele und im Körper, und haben auch die Art, wie wir atmen, geprägt: meist kürzer, flacher, verkrampfter als es unsere Natur ist, weil wir mit der Beschneidung des Atems den Kontakt mit unserer Lebendigkeit und natürlich auch den verdrängten Gefühlen - die Teil dieser Lebendigkeit sind - vermeiden. Darum kann uns der Atem auch wieder zu diesen lange vergessenen Orten unserer Seele führen. Es ist wichtig für diese sensible innere Arbeit, eine "spirituelle Hebamme", einen liebevollen Wegbegleiter zu finden, um mit Geduld und Wertschätzung die verborgenen Schichten unserer Fragmentierung zu entdecken. Atmend wachsen wir im Vertrauen in das Leben und in die Sicherheit, die Kontrolle über unsere ängstlichen Gedanken gehen lassen zu können. Geburt ist ein Ausdruck einer gewaltigen sexuellen ekstatischen Lebensenergie. In anderen Kulturen wird sie als heiliger Schöpfungsakt der Grossen Göttin, der Spenderin des Lebens gefeiert. Ibu Robin Lim, eine Pionierin der Unterwassergeburt auf Bali, fragt: "Wie würde unsere Welt aussehen, wenn jeder mit uneingeschränkter Fähigkeit zu lieben, geboren würde?" Auch wenn wir so weit noch nicht sind - die Integration der verdrängten Geburtsenergien hilft auch den Menschen, die nicht so geboren wurden, diese Fähigkeit wieder in sich zu erwecken. Wenn wir den ganzen Weg des bewussten integrativen Atmens gehen, ist moeglich, sich daran zu erinnern, dass wir nie von der Quelle des Lebens und der Liebe getrennt waren.